Es ist streng genommen schon Montag!

Wie die meisten anderen hier kenne ich einige Geschichten von Freunden, die bei verschiedenen Gelegenheiten für unauthentische Mittelalterkleidung angegriffen wurden. Eine, die ich für ziemlich witzig fand, habe ich hier aufgegriffen!

Und weil mir das schon eine Weile im Kopf herumspukt, hier mal fünf Cents zu diesem leidigen Thema.

Wie allgemein bekannt ist, hat das Universum gleichzeitig mit der Einführung von allem, was Spaß macht, auch gleich das zusätzliche Feature geschaffen: Jene Leute nämlich, die ganz genau und auch als einzige wissen, wie man genau diese Sache richtig macht. Dieses Phänomen ist so alt wie die Freude und sieht in der Praxis bisweilen so aus: Wo auch immer sich ein glückliches Lächeln auf einem Gesicht ausbreitet und eine neue Gewandung ihren Besitzer findet, generiert das Schicksal gleichzeitig ein penetrantes Hüsteln und folgende Worte: „Hey. Das Hemd und die Hose sind aus zwei verschiedenen Jahrhunderten. Und Schnabelstiefel hats überhaupt nie gegeben.“

Und während man sich noch umdreht, stellt man fest, dass es zu solchen Worten auch immer den passenden Menschen gibt. Mal ehrlich: Ich habe viel Liebe übrig für jeden, der sich in die entsprechenden Quellen vergräbt und tatsächlich Kleidung mit dem Anspruch erschafft, sich so gut wie möglich dem mittelalterlichen Original anzunähern. Das ist cool!

Dinge, die völlig unterschiedliche Menschen miteinander verbinden, sind großartig. Sie haben das Potential, uns für einen Moment alles vergessen zu lassen, was uns eigentlich trennt, und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: Wir sind phantasievolle Wesen, und in der Lage, von zwei entfernten Standpunkten aus auf dieselbe Sache zu blicken und… Faszination zu empfinden. Wenn wir etwas spannend finden, wenn wir uns für etwas begeistern und uns ihm annähern, wenn wir kreativ werden, dann ist das eine riesige Bereicherung für einen ziemlich grauen Alltag und einen Schritt weiter weg von einer Existenz, in der jeder nur für sich allein lebt. Faszination und Begeisterung haben nämlich eine wunderbare Eigenschaft – man kann sie teilen.

Oder man kann einen ziemlich diffusen Begriff wie „Authentizität“ benutzen, um die Individualität im Keim zu ersticken, die um einen herum gerade aufblühen will. Ist denn wirklich wichtig, weswegen jemand auf einem Mittelaltermarkt trägt, was er trägt? Vielleicht (und das wäre der einzige Grund für Korrektur) weiss er es ja tatsächlich nicht besser, aber mal ernsthaft: Wenn ihn das stören würde, würde er doch anfangen zu recherchieren und es anders machen? Dass keine mittelalterliche Dame ein „Leonardo Carbone“ – Schildchen in ihren nicht vorhandenen Unterhosen hatte, dürfte ja nicht schwer zu erraten sein.

Für alle, die das mit der nicht vorhandenen Unterwäsche noch nicht wussten: Keine Ursache

Ein anderes Argument, das ich auch schon gehört habe, ist: Muggel kommen auf Mittelaltermärkte und nehmen für bare Münze, was sie dort sehen. Sie halten das dann für authentisch. Wir sind also Schuld, wenn all diese lernbegierigen Wesen arglistig getäuscht werden! …also, es gibt ja ein paar Dinge, die ich anderen Menschen mit meinem Handeln gerne näher bringen möchte. Dass es niemals Schnabelschuhe gab, eher weniger. Dass wir alle verschieden sind und es daher so verkehrt nicht sein kann, jedem seine Freude zu lassen, wenn niemand dabei verletzt wird: Das klingt schon eher nach einem Plan.

Könnten wir uns bitte, bitte darauf einigen, dass das Mittelalter Spaß macht und wir so einen Käse wie das Herumkritisieren an fremder Kleidung – oder schlimmer noch, dem, der darunter steckt – nicht brauchen? Darauf, dass ‚richtig‘ und ‚falsch‘ Kriterien sind, die man besser auf einfache Matheaufgaben anwendet und nicht auf Menschen?